Bürgerbefragung: EZB geht auf Tuchfühlung mit dem „digitalen Euro“
Es ist ein Szenario, wie man es von einem Science-Fiction-Film erwarten würde: Dunkle Mächte übernehmen die Kontrolle des Bankensystems und radieren mit einem Klick die Sparguthaben aus. Doch auch ganz ohne drehbuchreifes Skript ist die Sorge vor der Digitalisierung des Zahlungsverkehrs groß — es besteht bei vielen Deutschen die Sorge, zum gläsernen Bürger zu werden. Politische Maßnahmen wie die Abschaffung des 500-Euro-Scheins sowie der kleinen Cent-Münzen nähren das Misstrauen.
Nun zündet die Europäische Zentralbank offenbar die nächste Stufe zur Abschaffung des Bargeldes: Die EZB hat eine Umfrage gestartet, mit der sie Meinungen und Aussagen dazu sammeln möchte, ob Privatpersonen und Wirtschaftsvertreter eine digitale Variante des Euro akzeptieren würden. Über eine digitale Signatur soll dieser virtuelle Euro abgesichert werden und sogar im Falle einer Bankenpleite nicht verloren gehen.
Wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde anlässlich der öffentlichen Befragung erklärte, solle „die Währung für eine digitale Zukunft gerüstet“ werden. Zwar schränkte die oberste Währungshütern Europas kurz darauf ein, dass ein digitaler Euro keine Banknoten ersetzen solle. Zudem sei noch kein offizieller Beschluss gefasst worden, einen digitalen Euro einzuführen. Eine Entscheidung solle jedoch bis Mitte 2021 erfolgen. Olli Rehn, Gouverneur der Zentralbank von Finnland, hat gerade erst in einem Interview klargestellt, dass der digitale Euro noch in diesem Jahrzehnt erscheinen werde. Auch Rehn betont, dass ein digitaler Euro das Bargeld nicht ersetzen, sondern ergänzen werde. Er machte deutlich, dass die europäische Zentralbank bei der Entwicklung einer digitalen Währung bereits große Schritte nach vorn gemacht habe. Einer Zusammenarbeit mit Technik-Giganten wie Facebook erteilte Rehn eine Absage.
Digitale Währungen sind seit dem Siegeszug der Kryptowährung „Bitcoin“ sowie dem Facebook-Pendant „Libra“ in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit gerückt. Allerdings können diese digitalen Währungen bisher nur in Ausnahmefällen beim täglichen Zahlungsverkehr verwendet werden. Sie sind bislang hauptsächlich der Spielball von Spekulanten und Technik-Experten.
Aus Sicht der Europäischen Zentralbank hätte ein digitaler Euro viele Vorteile. So stünde das Zahlungsmittel unter der Kontrolle einer Zentralbank, was auf Bitcoin und Libra nicht zutreffe. Zudem sei ein digitaler Euro in Extremsituationen wie Naturkatastrophen oder Pandemien geschützt. Und nicht zuletzt wegen der Corona-Krise sei eine Abkehr der Bürger von Münzen und Banknoten zu beobachten.
Mit der möglichen Einführung eines digitalen Euro dürfte sich allerdings auch die Rolle der Europäischen Zentralbank wandeln. Die bisherigen Pläne sehen vor, dass Bürger künftig auch Geld direkt bei der Zentralbank hinterlegen können. Normalerweise steht dieser Weg nur Geschäftskunden offen.
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