Corona-Crash erfasst die Automobilbranche: Wann kommt das Comeback von Platin?
2020 hätte das Jahr schlechthin für Platin werden können: Als der World Platinum Investment Council „WPIC“ seinen Viertelmonatsbericht im März 2020 vorgestellt hatte, war die Welt noch in Ordnung — denn der Report wurde vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie fertiggestellt. Daher hatte der „WPIC“ allen Grund zur Annahme, dass Platin seine besten Tage noch vor sich hätte, vor allem wegen eines erwarteten Turnarounds in der Automobilbranche.
Doch es kam anders: Der brutale Absturz der Finanzmärkte schlug voll auf die Industriemetalle durch, während sich allein Gold behaupten konnte. Der kurzzeitige Sprung über die Marke von 1.000 US-Dollar wurde bei Platin zunichte gemacht, stattdessen ging es steil bergab. Anfang April 2020 stand bei Platin unterm Strich ein Minus von 20 Prozent in Euro, nachdem Platin noch stark ins Jahr 2020 gestartet war. Zwar hat sich die Notierung inzwischen erholt und liegt bei rund 650 Euro pro Feinunze, kurzzeitig war der Platinpreis jedoch sogar auf 550 Euro abgestürzt — in charttechnischer Hinsicht ist hierbei ein regelrechter Totalschaden entstanden.
Durch die Schließung von Fabriken und Autohäusern, die Einführung von Kurzarbeit sowie die gesunkene Kauflaune der Bevölkerung wird einer der wichtigsten Abnehmer von Platin, nämlich die Automobilindustrie, massiv unter Druck gesetzt. Die fundamentalen Rahmenbedingungen für Platin, die vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie gegolten haben, rücken vorerst in den Hintergrund:
Insbesondere in China wurde erwartet, dass durch verschärfte Abgasnormen bei der Zulassung neuer Fahrzeuge die Nachfrage nach Platin für die Herstellung von Katalysatoren deutlich ansteigen würde. Zudem war absehbar, dass das Interesse an Platin vonseiten der Schmuckindustrie auf hohem Niveau bleiben: Eine nachlassende Nachfrage aus der chinesischen Schmuckindustrie werde durch Zuwächse in anderen Regionen kompensiert, so der World Platinum Investment Council. Doch weil in Krisenzeiten kaum jemand daran denkt, Schmuck zu kaufen, sind auch in diesem Segment massive Einbrüche zu verzeichnen. Einziger Hoffnungsschimmer: Die industrielle Nachfrage aus der Chemiebranche, der Elektroindustrie und der Medizin sei 2020 robust, so der WPIC in seinem Vierteljahresbericht — allerdings stehen auch diese Prognosen jetzt auf dem Prüfstand.
Nach dem Corona-Crash bei Platin wird das weiße Metall inzwischen wieder von vielen Anlegern ähnlich gesehen wie bereits vor hunderten Jahren — als ein Metall, welches niemand braucht: Im 17. Jahrhundert wurde Platin in den spanischen Kolonien als Abfallprodukt beim Goldschürfen betrachtet und in den Flüssen entsorgt. Die Geschichte zeigt allerdings auch, dass sich Platin seitdem zu einem Edelmetall der Extraklasse entwickelte, insbesondere bei der Schmuckherstellung. Der vorläufige Höhepunkt: Im März 2008 erreichte Platin mit 2.308 US-Dollar sein bisheriges Allzeithoch. Zum Vergleich: Gold lag damals bei nur knapp 1.000 US-Dollar. Seitdem hat sich viel getan — Gold und insbesondere Palladium erreichten im letzten Jahr neue Rekordstände auf Euro-Basis. Und viele Marktbeobachter fragen sich: Wann kommt das große Comeback von Platin?
Branchenverband erwartet Platin-Hausse
Der World Platinum Investment Council versteht sich als globale Marktinstanz und wurde im Jahr 2014 von den sechs führenden Platinproduzenten gegründet, um den Markt für Platin als Investment aufzubereiten und zu entwickeln. Der Verband möchte die Förderung der Nachfrage von Anlegern nach physischem Platin durch umsetzbare Erkenntnisse und gezielte Produktentwicklung fördern. Der WPIC sieht insbesondere die Investmentnachfrage als künftigen Preistreiber: Insgesamt dürfte die Nachfrage auf einen neuen Rekord von 633.000 Unzen steigen, wobei allein die ETF-Bestände um 330.000 Unzen steigen sollen. Insgesamt sollen sich bis Ende 2020 dann rund 3,7 Millionen Unzen Platin in ETFs befinden.
Vorkommen & Verwendung: Ein Metall, das sogar Leben rettet
Für eine hohe Nachfrage sorgt nicht zuletzt das vielfältige Spektrum der Einsatzmöglichkeiten für Platin. Denn das weiße Metall wird weit über die gemeinhin bekannten Zwecke, also vor allem für die Herstellung von Katalysatoren sowie Schmuck, verwendet. Platin ist durch die elektrische Leitfähigkeit und Bio-Kompatibilität insbesondere in der Medizin unverzichtbar. Es kommt in Herzschrittmachern und Implantaten zum Einsatz und soll künftig in Form von feinsten Platindrähten auch bei der Behandlung von Schlaganfällen und Aneurysmen helfen.
Als wichtiger Dämpfer für ein schnelles Comeback des Platinpreises galt in den vergangenen Jahren die Angebotssituation am Weltmarkt — denn bislang besteht ein Angebotsüberhang, der im Jahr 2020 nach Berechnungen des WPIC bei 119.000 Unzen liegen dürfte. Allerdings schrumpft dieses Plus und fällt in Anbetracht der Gesamtproduktion von 8,1 Millionen Unzen nur geringfügig ins Gewicht. Größter Platin-Produzent ist weiterhin Südafrika mit rund 4,3 Millionen Unzen im Jahr 2020, gefolgt von Simbabwe, Nordamerika und Russland. Ein Viertel des verfügbaren Platins stammt inzwischen aus dem Recycling, in erster Linie von entsorgten Katalysatoren.
Platin-Investment: (noch) ein Exot bei pro aurum
Als gut sortierter Edelmetallhändler bietet pro aurum neben den klassischen Anlageprodukten aus Gold und Silber selbstverständlich auch Münzen und Barren aus den sonstigen Weißmetallen Platin und Palladium an. Allerdings müssen sich Anleger, welche physisches Platin kaufen möchten, auf eine — im Vergleich zu Gold und Silber — eingeschränkte Produktpalette einstellen. Denn viele Bullion-Produzenten verzichten auf Investment-Münzen aus Platin.
Einzelne Prägestätten haben ihr Sortiment in den vergangenen Jahren aufgrund der starken Nachfrage um Platin-Münzen ergänzt, beispielsweise die Münze Österreich: Sie prägt den „Wiener Philharmoniker“ seit 2016 in Platin mit einem Gewicht von einer Unze und seit 2017 auch in der Mini-Ausgabe zu 1/25 Unze. Die Perth Mint setzt seit 2020 auch auf Platin bei ihren beliebten „Lunar III“-Münzen. Und die „American Eagle“ Münzen aus den USA sowie den Koala aus Australien in Platin konnte pro aurum in der Vergangenheit sogar differenzbesteuert anbieten. Neben diesen Anlagemünzen gibt es auch die gängigen Stückelungen in Form von Platinbarren.
Auch wenn die Nachfrage nach physischem Platin in den vergangenen Monaten bei pro aurum stark zugenommen hat, gibt es einen Wermutstropfen: Münzen und Barren aus Platin werden in Deutschland ausnahmslos mit der hohen Mehrwertsteuer von 19 Prozent belegt. Ein Investment müsste also zuerst um diesen Wert zulegen, bevor Anleger überhaupt eine Rendite erzielen. Allerdings verweisen viele Marktbeobachter darauf, dass andere Weißmetalle wie z. B. Palladium in kürzester Zeit um mehr als 19 Prozent zugelegt haben. Es sind nicht wenige Investoren, welche eine solche Entwicklung auch für Platin prognostizieren.
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