Feinkost-Unternehmer Michael Käfer: „Jammern hat noch nie geholfen“

pro aurum Kilchberg ZH
6 min readMar 11, 2021

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Bildrechte: Käfer GmbH & Co. KG

Hotel und Gastronomie leiden unter dem Corona-Virus besonders stark. pro aurum hat mit Michael Käfer, dem Chef des Münchner Feinkost-Konzerns, über seine Erfahrungen während des Ausnahmezustands und seine Pläne für die Zukunft gesprochen.

Herr Käfer, wie haben Sie als Wiesn-Wirt und Catering-Unternehmer die vergangenen Pandemie-Monate erlebt?
Zugegeben — es war schwierig. Die letzten 40 Jahre war ich fast jeden Abend auf Veranstaltungen unterwegs, die wir betreuen durften. Seit zwölf Monaten bin ich abends überwiegend zu Hause. Das hat zwar den Vorteil, dass ich mehr Zeit für die Familie habe, aber mir fehlen unsere Gäste enorm. Auch ein Jahr ohne Oktoberfest — für mich die schönste Zeit überhaupt — konnte ich mir bisher nicht vorstellen. Jetzt wird es eventuell sogar noch ein zweites. Es ist das direkte positive Feedback auf Live Events, das meinen Beruf so erfüllend macht. Jetzt muss ich vor allem versuchen, die Motivation unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhalten, damit wir bei einer hoffentlich baldigen Öffnung noch eine Top-Mannschaft am Start haben.

Erfolgreiche Unternehmer wie Sie zeichnen sich dadurch aus, auf veränderte Marktgegebenheiten angemessen zu reagieren sowie neue Trends frühzeitig zu erkennen. Wie sieht Ihr Rezept gegen die Pandemie konkret aus?
Jammern hat noch nie geholfen, man muss versuchen, das Beste aus der derzeitigen Situation zu machen. Im Gegensatz zu vielen Kollegen aus der Gastronomie haben wir ja zumindest noch den Handelsbereich, der sich während der Lockdowns sehr gut entwickelt hat. Die Menschen möchten sich nach wie vor etwas Gutes tun und genießen. Daher haben wir die Angebote in den Lebensmittelgeschäften und im Onlineshop ausgebaut und neue gastronomische Konzepte für den Lieferservice entwickelt. Sie können bei uns zum Beispiel Menüboxen mit mehreren Gängen bestellen, die man nur noch mit ein paar Handgriffen fertigmachen und anrichten muss. Das läuft sehr gut, zum Valentinstag haben wir mehrere Hundert dieser Bestellungen verschickt. Wer möchte, kann zum Essen auch einen Koch bestellen, der es dann in der heimischen Küche professionell zubereitet.

Ein anderes Beispiel sind virtuelle Teammeetings oder ausgefallene Weihnachtsfeiern: Unser Partyservice bietet Unternehmen maßgeschneiderte Packages an, die sie ihren Mitarbeitern ins Homeoffice schicken können. Auch hier ist die Nachfrage groß, weil viele Firmen ihre Teams weiterhin motivieren wollen.
Gleich zu Beginn der Pandemie haben wir darüber hinaus angefangen, die Küche das Partyservice in Parsdorf für die Zubereitung von Menüs für die Nachbarschaftshilfe Vaterstetten zu nutzen. Auch dieses Angebot wird sehr gut angenommen und immer mehr ältere Menschen aus der Region entscheiden sich für das warme, preislich attraktive Mittagsmenü.
Und dann nutzen wir natürlich die Zeit, um noch nachhaltiger und effizienter zu werden. Produktivität ist jetzt die Basis für eine erfolgreiche Zukunft, und gerade in der Gastronomie ist im digitalen Bereich noch Luft nach oben.

Käfer-Stammhaus in der Münchner Prinzregentenstraße / Bildrechte: Käfer GmbH & Co. KG

Haben Sie beim Konsumverhalten Ihrer Kunden möglicherweise eine coronabedingte Veränderung festgestellt?
Das Qualitätsbewusstsein ist auf jeden Fall gestiegen. Viele Menschen haben während der Pandemie das Kochen für sich entdeckt. Die Restaurants sind zu, to go und Lieferungen werden irgendwann langweilig und zu Hause muss man sich ja schließlich auch beschäftigen. Wir haben dabei festgestellt, dass unter den Koch-Novizen viele Männer sind, die das Thema sehr ernst nehmen. Nicht nur das technische Equipment muss höchsten Ansprüchen genügen, sondern auch die Gerichte und entsprechend die verwendeten Zutaten.

Und wie hat sich im vergangenen Jahr der Onlinehandel von Feinkost entwickelt? Konnten Sie dadurch einen Teil der Umsatzausfälle kompensieren?
Der Onlineshop hat einen großen Sprung nach vorne gemacht und auch dazu beigetragen, dass die Verluste ein bisschen weniger dramatisch ausgefallen sind. Zeitweise haben wir die gesamte Restaurantfläche für die Bearbeitung und Konfektionierung der Bestellungen genutzt. Der Trend wird auch nach der Pandemie anhalten, weshalb wir diesen Bereich weiter ausbauen und noch effizienter organisieren werden.

In welchen Vertriebsweg werden Sie in Zukunft stärker investieren, in den Online-Verkauf oder in den Filialhandel?
Beides ist wichtig. Der Handel hat durch die Pandemie neuen Schwung erhalten und ich sehe darin auch in Zukunft ein wichtiges Standbein. Bis das Veranstaltungsgeschäft wieder voll durchstartet, wird es noch eine Weile dauern. Wir wollen daher auch mit unserem Filialkonzept der Käfer Delikatessenmärkte weiter expandieren; zwei neue Standorte sind gerade schon in Planung. Das Onlinegeschäft läuft sehr gut und wächst stetig, aber viele unserer Frischeprodukte sind doch beratungsintensiv und wegen der Kühlkette vergleichsweise schwierig zu verschicken. Außerdem überlegt man sich ja nicht immer mehrere Tage im Voraus, was man kochen möchte, und frischen Fisch zum Beispiel kaufen die Menschen dann doch eher an der Theke. Im Großraum München wollen wir daher ein Nahversorger bleiben, der die bestehende Infrastruktur um ein besonderes Lebensmittelangebot und einen Bistrobereich mit hausgemachten kleinen Speisen erweitert.

Oktoberfest, Betriebsfeiern und Messen fallen derzeit als Umsatzbringer aus. Welche Szenarien und Öffnungsperspektiven betrachten Sie als Firmenlenker eines Unternehmens mit 1.500 Mitarbeitern derzeit als realistisch?
Das ist immer noch sehr schwer einzuschätzen und eine langfristige Perspektive wäre für unsere Branche immens wichtig. Öffnungen stehen und fallen meines Erachtens mit dem Impffortschritt und einer angepassten Teststrategie. Wir und alle unsere Kollegen haben bereits letztes Frühjahr umfangreiche Hygienekonzepte erarbeitet, mit denen das Infektionsrisiko minimiert werden kann. Das fängt in der Gastronomie bei Registrierung, Desinfektion und Tischabständen an und geht bis hin zu leistungsstarken Luftreinigungsanlagen. Auch Schnelltests an Eingängen sind zukünftig in bestimmten Fällen eine sinnvolle Option. Diese Maßnahmen lassen sich auch bei Veranstaltungen problemlos umsetzen; Messen mit intelligenter Besucherlenkung oder Feiern mit einem fest definierten Gästekreis sollten so zeitnah wieder möglich sein. In Bierzelten auf Volksfesten ist so ein Gästemanagement allerdings nicht realistisch, da wird man sich andere Lösungen wie mehr Außengastronomie einfallen lassen müssen.

Seit über 90 Jahren befindet sich Ihr Unternehmen in Familienhand. Welchen Stellenwert haben für Sie die Attribute „Familienunternehmen“ und „Tradition“?
Den Stellenwert kann man bei beiden Attributen gar nicht hoch genug einschätzen. Als Familienunternehmen sind wir unabhängig und können unbürokratisch Entscheidungen fällen. Aber das Familiäre ist auch ein Wert, den wir in unserer Philosophie tief verankert haben. Wir möchten unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Umfeld bieten, in dem sie gerne arbeiten, die Beziehungen zu Kunden, Gästen und Partnern pflegen und sich entsprechend ihrer Lebenssituation weiterentwickeln können. Wir sind stolz darauf, dass viele sehr lange bei uns bleiben und das Miteinander weiter kultivieren.
Die Tradition wiederum ist vor allem das über Jahrzehnte gewachsene Know-how, wie man neue Trends erkennt und Innovation in das Bestehende integriert. Schon meine Großeltern und nach ihnen mein Vater und mein Onkel hatten den Finger immer am Puls der Zeit und haben die Marke Käfer dadurch groß gemacht. Mein Team und ich führen diese Tradition weiter, ohne dabei die Ursprünge zu vergessen.

Den Spruch „In jeder Krise liegt auch eine Chance“ wurde in den vergangenen Jahrzehnten schon häufig strapaziert. Können Sie der gegenwärtigen Pandemie irgendetwas Positives abgewinnen?
Das fällt mir heute deutlich schwerer als noch im Frühjahr letzten Jahres. Sicherlich haben wir die Zeit genutzt, sind viele Dinge angegangen und haben schneller neue Konzepte entwickelt, als es bei Normalbetrieb vielleicht möglich gewesen wäre. Aber die Einschränkungen dauern jetzt einfach schon zu lange und ich sorge mich zunehmend um die Vielfalt der Branche. Viele Gastronomie- und Hotellerieunternehmen sind akut in ihrer Existenz bedroht, die Rücklagen sind aufgezehrt und das Geld für größere Investitionen wird in den nächsten Jahren definitiv fehlen.

Und zum Schluss zu einem ganz anderen Thema: Welche Strategie verfolgen Sie bei der privaten Vermögensanlage, um für die seit Jahren herausfordernden Zeiten gewappnet zu sein?
Ich habe ein bisschen in Immobilien und seit Jahren auch in Kunst investiert — Letzteres aber mehr aus Spaß und weniger als Anlagestrategie. Grundsätzlich fließt aber alles, was wir mit dem Unternehmen verdienen, auch wieder zurück. Schließlich ist eine solide aufgestellte Firma das beste Kapital.

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Written by pro aurum Kilchberg ZH

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