Folker Hellmeyer: Jeder sollte seinen eigenen Goldstandard aufbauen
Als der DAX im vergangenen Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie von über 13.000 Punkten auf rund 8.700 Punkte abstürzte, mahnte Folker Hellmeyer entgegen vieler Untergangsszenarien zur Gelassenheit — und er sollte Recht behalten: Die Finanzmärkte haben sich vom Corona-Schock erholt und der DAX bewegt sich von Rekord zu Rekord. Folker Hellmeyer, der als Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH tätig ist, hat auch diese Entwicklung nicht überrascht — „aber die Form und das Tempo liegen oberhalb meiner Erwartungen“.
Sehen Sie hier das exklusive Interview mit dem Börsen-Profi Folker Hellmeyer:
Nach Einschätzung von Folker Hellmeyer gibt es jedoch plausible Begründungen für das Comeback der Aktienmärkte: Die Reaktionen der Politik auf Corona haben sich verändert. Zuerst gab es einen vollen Lockdown, jetzt folgen sehr spezifische Maßnahmen. Der Dienstleistungssektor darbt, aber die Industrie erfährt einen Aufschwung. Folker Hellmeyer macht deutlich, dass die Unternehmen ihre Hausaufgaben gemacht und beispielsweise Kosten heruntergefahren hätten: „Die Bewertungen sind gerechtfertigt. Wir werden sehen, dass die Gewinnprognosen nach oben gesetzt werden.“ Hellmeyer geht weiterhin von einer Unterbewertung der Aktienmärkte aus, weil längst große Teile der Weltwirtschaft wieder „aufgemacht“ hätten.
Weitere Unterstützung wird laut Folker Hellmeyer von den Regierungen und Notenbanken in aller Welt kommen: Die Party durch globale Konjunkturprogramme werde weitergehen — Hellmeyer erinnert beispielsweise an das massive Investitionsprogramm in den USA. Durch die Flut des billigen Geldes werde die Inflation weiter kräftig steigen: „Es ergeben sich Flaschenhälse in produktiven Bereichen. Dadurch entsteht ein inflationärer Druck, bis die Kapazitäten angepasst werden; wir sprechen hier von einem Zeitraum von drei Jahren.“ Folker Hellmeyer geht fest davon aus, dass die Zwei-Prozent-Marke bei der Inflation sowohl in der Eurozone als auch in den USA erreicht und sogar überschritten wird — in Richtung von 2,5 bis drei Prozent. Folker Hellmeyer stellt außerdem klar: „Der Realzins bleibt negativ.“ Dieser Trend werde sich über die kommenden Jahre fortsetzen und noch verschärfen.
Ein Ende der Börsenrallye ist nach Einschätzung des erfahrenen Investment-Strategen nicht in Sicht. Er lehnt eine Aktien-Euphorie zwar ab, aus der veränderten Lage der Zentralbankpolitik bestünde aber eine Unterstützung für Sachwerte. „Rücksetzer von bis zu zehn Prozent kurzfristig sind jederzeit drin. Aber Rücksetzer werden schnell aufgeholt“, unterstreicht Hellmeyer. Sein Credo: Notenbankgeld sei gefährlich, weil mit Geld Experimente betrieben werden. „Reale Werte sind diejenigen, die bestehen bleiben.“ Rücksetzer müsse man dabei immer einkalkulieren und ertragen.
Die Achterbahnfahrt beim Goldpreis sieht Folker Hellmeyer ohne Sorge: „Ich bin seit 2001 ein Edelmetall-Bulle und bleibe ein Bulle.“ Laut Hellmeyer seien Leidensphasen nicht zu vermeiden, weil es sich beim Goldmarkt nicht um einen freien Markt handelt: „Sonst wären wir ganz woanders.“ Dieses Investment ist aus seiner Sicht auch künftig unverzichtbar — dies sähen auch die Zentralbanken so, die ihre Reserven weiter aufbauen. Folker Hellmeyer versteht das Streben nach Gold als Ausdruck einer Emanzipation vom bisherigen Finanzsystem. Sein Fazit: „Jede Person sollte sich einen eigenen Goldstandard aufbauen.“
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