Gold: Rückenwind dank Inflationsschub
Für den Monat April verzeichneten die US-Konsumentenpreise eine Teuerungsrate in Höhe von 4,2 Prozent p.a. Für US-Bürger bedeutet dies, dass ihre Dollars einen deutlichen Kaufkraftverlust erleiden, der sich durch Zinsen von US-Staatsanleihen nicht ausgleichen lässt.
US-Inflation klettert auf höchsten Stand seit 13 Jahren
Diese beschleunigte Geldentwertung fiel in den vergangenen zwölf Monaten ausgesprochen dynamisch aus, schließlich schlug innerhalb dieses Zeitraums ein Inflationsschub von 0,1 auf 4,2 Prozent p.a. zu Buche. Das heißt: Ein Bargeldvermögen in Höhe von 100.000 Dollar verliert auf Zwölfmonatssicht 4.200 Dollar an Kaufkraft. Dieser vorprogrammierte Vermögensverlust ließe sich nicht einmal durch US-Staatsanleihen mit 30 Jahren Laufzeit ausgleichen, da diese aktuell lediglich eine Rendite in Höhe von 2,27 Prozent p.a. bieten.
Obwohl in Deutschland die April-Inflationsrate mit 2,0 Prozent p.a. erheblich geringer als in den USA ausgefallen war, werden auch hierzulande die Besitzer von Bargeld, Sichtguthaben, Tagesgeld, Termingeld bzw. Bundesanleihen sukzessive ärmer. Letztere werfen nämlich selbst bei zehn Jahren Laufzeit minus 0,17 Prozent p.a. (!) und bei 30 Jahren Laufzeit lediglich 0,40 Prozent ab. Unter Renditeaspekten und angesichts der Notwendigkeit zur privaten Altersvorsorge macht das langfristige Ansparen von Geld aufgrund des seit Jahren vorherrschenden Anlagenotstands wenig Sinn.
Der diesjährige Inflationsschub fiel zwar heftiger als erwartet aus, kam aber keineswegs aus heiterem Himmel. Besonders häufig wird der Basiseffekt als Ursache genannt. Weil im April 2020 vor allem die Preise für Energie und wichtige Rohstoffe corona-bedingt regelrecht abgestürzt waren und sich seither mitunter kräftig erholt haben, galt eine hohe Teuerungsrate somit als vorprogrammiert. Da in diversen Industriesektoren die Kapazitäten aufgrund der wirtschaftlichen Corona-Restriktionen zurückgefahren wurden, sorgte der kreditfinanzierte Konjunkturboom in einigen Bereichen zu Lieferengpässen — mit entsprechenden Preisschüben nach oben.
Die große Frage lautet nun: Was passiert mit den Preisen, wenn sich der milliardenschwere Konsumstau im Falle eines Siegs über die Pandemie wieder auflösen sollte? Trotz der Notwendigkeit zu einer nachhaltigen Risikovorsorge könnten viele Konsumenten nach folgendem Motto handeln: Lieber das Geld ausgeben bevor alles noch viel teurer wird. Ob es sich dabei um eine gute Strategie handelt, darf allerdings bezweifelt werden, schließlich steht die Altersvorsorge der meisten Bundesbürger nicht auf sonderlich gesunden Beinen. Für ein hohes Maß an Spannung dürfte an der „Inflationsfront“ für den Rest des Jahres und darüber hinaus auf jeden Fall gesorgt sein.
Notenbanker im Besänftigungsmodus
Sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks vertreten die Notenbanker die These, dass sich die aktuellen Inflationssorgen als temporäres Problem erweisen werden. Bundesbankpräsident Jens Weidmann stellte in einem im Februar veröffentlichten Interview bis zum Jahresende eine Teuerungsrate von mehr als drei Prozent in Aussicht und führte dies unter anderem auf die zum Jahresanfang erfolgte Erhöhung der Mehrwertsteuer und die angehobenen CO2-Preise zurück. Dies sei zwar nur von vorübergehender Natur, zugleich stellte er aber klar, dass die Inflation nicht dauerhaft so niedrig bleiben werde, wie im vergangenen Jahr. Außerdem meinte er, dass die Inflationsraten erst dann wirklich nachhaltig zulegen werden, wenn auch die Löhne steigen. Das sei der entscheidende Faktor.
Fed-Präsident Jerome Powell wird auch nicht müde, die starke Inflationsphase als „vorübergehend“ zu bezeichnen. Eine Garantie, dass die Thesen der beiden Geldexperten Weidmann und Powell tatsächlich eintreten werden, gibt es freilich nicht. Sollte sich nämlich das „Inflationsgespenst“ nicht verflüchtigen, dürfte es nicht nur für Verbraucher, sondern auch für Anleihebesitzer, Unternehmen und Aktionäre teurer werden. Dann drohen nämlich höhere Zinsen, welche mit Verlusten bei Anleihen, höheren Finanzierungskosten sowie trüben Kurs- bzw. Dividendenperspektiven einhergehen würden.
Steigende Zinsen bedeuten höhere Risiken
In der Finanzwelt wird hinsichtlich der Korrelation zwischen Gold und Zinsen häufig argumentiert, dass steigende Zinsen aufgrund der damit verbundenen Opportunitätskosten (Zinsverzicht) schlecht für Gold seien. Aus zwei Gründen sollten Anleger diese vermeintliche Gesetzmäßigkeit derzeit aber unbedingt in Frage stellen. Erstens: Sollten Staatsanleihen bester Bonität in Zukunft deutlich höhere Zinsen bieten, schmälert dies nicht automatisch die Attraktivität von Gold. Höhere Renditen gehen nämlich stets mit höheren Risiken einher. Nachdem die Zinsen in den vergangenen Jahrzehnten durch die ultralockere Geldpolitik in Form von Leitzinsen nahe null Prozent, negativen EZB-Einlagezinsen sowie billionenschwere Anleihekaufprogramme massiv nach unten gedrückt wurden, sollten Anleger bei steigenden Anleiherenditen auch stets an ein dadurch gestiegenes Ausfallrisiko denken. Die Schuldentragfähigkeit vieler Staaten wäre nämlich bei steigenden Zinsen akut gefährdet.
Ein zweiter Grund, warum steigende Zinsen nicht zwangsweise schlecht für Gold sein müssen, dürfte auf die Inflation zurückzuführen sein. Sollte nämlich die Inflation schneller als die Zinsen steigen, könnte dies der Attraktivität von Gold und dessen Schutzfunktion einen zusätzlichen Schub verleihen. Denn von entscheidender Bedeutung sind stets die um die Inflationsrate bereinigten Realzinsen. Je deutlicher sich diese im negativen Bereich bewegen, desto stärker sinkt die Kaufkraft von Bargeld, Sichteinlagen, Tagesgeld, Termingeld sowie Anleihen. Seit Generationen hat sich das gelbe Edelmetall trotz fehlender Zins- bzw. Dividendeneinnahmen als wirksamer Krisen-, Vermögens- und Inflationsschutz erwiesen. Dass diese Schutzfunktion in den kommenden Jahren bzw. Jahrzehnten nicht mehr funktionieren sollte, kann als ausgesprochen unwahrscheinlich eingestuft werden.
„Gutes Geld“ sollte stets folgende Funktionen erfüllen: Tausch- bzw. Zahlungsmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel. Im Zuge explodierender Geldmengen und Schuldenberge betrachten die Besitzer von Fiat-Währungen vor allem die letztgenannte Funktion als nicht mehr gewährleistet. Während sich Euros und Dollars ohne größeren Aufwand praktisch aus dem Nichts schaffen lassen, erfordert das Gewinnen von Gold viel Energie, Arbeit und Kapital. Anlageexperten attestieren deshalb Gold einen deutlich höheren Härtegrad als Geld. Das sogenannte Stock-to-Flow-Ratio versucht diesen Härtegrad zu bemessen. Die Kennzahl ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen der globalen jährlichen Goldproduktion (flow) und der weltweit bereits geförderten Goldmenge (stock).
Aufgrund der seltenen Goldvorkommen liegt das Stock-to-Flow-Ratio des Edelmetalls derzeit bei ungefähr 60. Gold ist als Wertspeicher unter anderem deshalb so gefragt, weil sich die jährliche Goldmenge — verglichen mit der in Umlauf befindlichen Goldmenge pro Jahr lediglich um ein Sechzigstel erhöht. Nur zum Vergleich: Im Jahr 2020 hat sich in den USA die Geldmenge M2 um ein Siebtel erhöht. Theoretisch besteht zwar die Möglichkeit, dass Notenbanken die Geldmengen wieder reduzieren — daran glaubt aktuell aber kaum jemand. Den Nachteil, dass sich Gold aufgrund seines hohen Werts als Tausch- und Zahlungsmittel für den täglichen Bedarf eher nicht eignet, kann man getrost ignorieren, schließlich lässt sich die harte Währung Gold nahezu überall auf der Welt in nahezu jede Weichwährung eines Landes eintauschen.
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