Goldreport 02/20: Goldpreis — Gewinnmitnahmen nach Höhenflug

pro aurum Kilchberg ZH
7 min readFeb 27, 2020

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Bildrechte: istock.com / bashta

Auf Dollarbasis markierte der Goldpreis im Februar ein neues Siebenjahreshoch und in Euro gerechnet gelang ihm sogar ein neues Rekordhoch. Gegen Ende des Monats setzten dann aber erst einmal leichte Gewinnmitnahmen ein.

Chinas Nachfrageschwäche wird kompensiert

In diesem Jahr waren die chinesischen Neujahrs-Feiern ganz klar vom Ausbruch des Corona-Virus überschattet. Abgesagte Veranstaltungen, geschlossene Fabriken und Freizeitparks sowie massive Reiseeinschränkungen haben die Wirtschaft des Landes empfindlich getroffen. An den Goldmärkten löste dies eine regelrechte Kapitalflucht in den sicheren Hafen Gold aus. Vor allem Finanzinvestoren sind in Gold geflohen. Massive Kapitalzuflüsse gab es deshalb vor allem bei physisch hinterlegten Papiergoldprodukten zu beobachten. So kletterten zum Beispiel die Goldbestände von Xetra-Gold, Europas größtem Vertreter dieser Zunft, auf einen neuen Rekordwert von fast 210 Tonnen an. Der weltgrößte Gold-ETF SPDR Gold Shares verzeichnete im Februar sogar Kapitalzuflüsse von 903,21 auf 940,09 Tonnen (plus 36,88 Tonnen), was auf Basis des aktuellen Goldpreises einem Gegenwert von über 1,7 Milliarden Euro entspricht.

Robert Hartmann, Gründer und Gesellschafter von pro aurum weist darauf hin, dass die Ausbreitung des Virus bereits drastisch negative Auswirkungen auf die Goldnachfrage in China habe. Zugleich sorgt die Verunsicherung der Anleger in anderen Teilen der Welt aber für eine steigende Nachfrage. Laut Hartmann könnte sich dies unterm Strich ausgleichen. Er sagt: „Keiner weiß, wie es mit der Ausbreitung des Virus weiter geht. Fakt ist aber, dass es schon heute sichtbare Risse in diversen Lieferketten gibt.“ Der Edelmetallexperte meint, dass diese kurzfristig nicht zu flicken seien und sagt: „Ich gehe leider davon aus, dass sich die Situation kurzfristig nicht entspannen wird.“

World Gold Council meldet für 2019 asiatische Nachfrageschwäche

Laut der Eidgenössischen Zollverwaltung zogen im Januar die Schweizer Goldexporte nach China (17 Tonnen) und Hongkong (23 Tonnen) mit einem jährlichen Zuwachs in Höhe von 341 bzw. 34 Prozent kräftig an. Ein völlig anderes Bild lieferte hingegen der World Gold Council mit seinen Jahreszahlen für das Gesamtjahr 2019. Dessen Daten zur Goldnachfrage der beiden goldhungrigsten Nationen der Welt (China und Indien) fielen nämlich wenig berauschend aus. Traditionell gelten deren Goldkäufer als besonders preissensibel. In dem wichtigsten Marktsegment Schmuck verzeichnete zum Beispiel Indien einen Nachfragerückgang von 598,0 auf 544,6 Tonnen (-8,9 Prozent) und Festland-China ein Minus von 686,3 auf 637,7 Tonnen (-7,1 Prozent). Noch heftiger fiel der Einbruch der Nachfrage bei Barren & Münzen aus. Während sie in Indien im vergangenen Jahr von 162,4 auf 145,8 Tonnen (-10,2 Prozent) zurückging, brach sie in China sogar von 308,0 auf 211,1 Tonnen (-31,5 Prozent) regelrecht ein. Hierfür dürften aber nicht nur die stark gestiegenen Goldpreise, sondern auch die aufgrund des Handelskriegs mit den USA eingetrübten Konjunkturperspektiven verantwortlich gewesen sein.

Beim Treffen der Finanzminister der führenden Industrie- und Schwellenländern (G20) in Riad revidierte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa am vergangenen Wochenende wegen des Corona-Virus die Wachstumsperspektiven Chinas (2020) von 6,0 auf 5,6 Prozent p.a. Weltweit soll der Auslöser der gefährlichen Lungenkrankheit ein Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozentpunkte kosten. Zuvor haben die IWF-Experten hier noch ein Plus von 3,3 Prozent prognostiziert. Sollte sich der Virus aber weiterhin — national wie international — stark ausbreiten, könnten sich diese Schätzungen als zu optimistisch erweisen.

Edelmetallprofi Hartmann zeigte sich beim WGC-Jahresbericht vor allem vom Rückgang der globalen Nachfrage nach Münzen und Barren auf ein neues Zehnjahrestief besonders überrascht, schließlich entwickelte sich im vierten Quartal das Deutschlandgeschäft mit solchen Goldprodukten ausgesprochen erfreulich. Robert Hartmann hält folgende Erklärung für möglich: Nachdem der Goldpreis in vielen Währungen neue Allzeithochs markiert hatte, haben sich wohl in anderen Erdteilen viele Kleinanleger von ihrem physischen Goldbesitz getrennt. Er konstatiert: „Das sieht man oft in Marktphasen, in denen der Goldpreis zur Stärke tendiert. Institutionelle Anleger und Notenbanken haben hingegen verstärkt zugegriffen. Für mich ist dies auf lange Sicht ein wichtiges Signal, wenn die Profis kaufen!“

Argentinien droht erneute Staatspleite

Doch dieser Virus ist nicht das einzige Problem der globalisierten Finanzwelt. Staaten, Unternehmen und der Privatsektor leiden bereits seit Jahren unter einem ganz anderen Virus: dem Schuldenvirus. Das Öffnen der Geldschleusen durch die wichtigsten Notenbanken der Welt hat dazu geführt, dass wenig solide Schuldner viel zu geringe Zinsen für Kredite zu bezahlen haben. Selbst Griechenland muss für zehnjährige Staatsanleihen lediglich 0,55 Prozent Zins bezahlen. Dass dies mit nachhaltiger Finanzierung und einem angemessenen Marktzins so gut wie nichts zu tun hat, dürfte jedem Anleger klar sein. Die argentinische Regierung weiß davon ein Lied zu singen.

Mittlerweile empfiehlt sogar der IWF dem Land eine „definitive Schuldenoperation“. Der massive Kurseinbruch des argentinischen Pesos, dessen Wert innerhalb von zwölf Monaten um mehr als die Hälfte eingebrochen ist, hat nämlich zu einer erneuten Staatsschuldenkrise Argentiniens geführt — mit wenig Hoffnung auf ein Happy-End. Übrigens: Wenige Tage vor dem IWF-Statement forderte die argentinische Vizepräsidentin Cristina Kirchner vom IWF einen teilweisen Schuldenverzicht. Nach der schweren Wirtschaftskrise in den Jahren 2001/2002 drohen den privaten Gläubigern erneut exorbitante Verluste bei ihren Anleiheinvestments.

Natürlich unterscheidet sich die argentinische Volkswirtschaft sehr stark von der deutschen oder der US-Wirtschaft, das Grundübel der Geldmengen- und Schuldenexplosion wirft aber auch auf andere Wirtschaftsnationen kein gutes Licht. Deshalb sollten Anleger stets im Hinterkopf behalten, dass selbst TripleA-Anleihen mit bester Bonität oder auch Landeswährungen in erster Linie auf dem Vertrauen basieren, als Wertaufbewahrungsmittel, Zahlungsmittel und Recheneinheit dauerhaft zu funktionieren. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass sich Vertrauen leider sehr schnell in Luft auflösen kann.

Umsätze beruhigen sich im Februar

Der Goldhandel bei pro aurum verlief im Februar laut Unternehmensgründer Robert Hartmann recht ordentlich, wenngleich die Umsätze nicht ganz so rege ausfielen wie im Januar. Besonders interessant: An manchen Tagen hielten sich Käufe wie Verkäufe in etwa die Waage. Für einen Großhändler führt dies stets zu einer besseren Gewinnmarge. So gesehen können wir auch mit dem Geschäftsverlauf im Februar sehr zufrieden sein.

Hinsichtlich der aktuellen Lage an den Goldmärkten merkt Robert Hartmann folgendes an: „Es gibt Notenbanken, die noch erheblichen Nachholbedarf bei der Höhe ihrer Goldreserven haben. Hier möchte ich speziell China und Russland hervorheben.“ Mit Blick auf das Thema Vermögensschutz weist er zudem darauf hin, dass sich die Aktienanleger derzeit noch sehr sicher fühlen. Hartmann sagt: „Immer, wenn es in den vergangenen Jahren brenzlig wurde, sprangen ihnen die Notenbanken als ‚Feuerwehr‘ zur Seite und unterstützten den Markt mit geldpolitischen Rettungsmaßnahmen. Das wird wohl noch bis zur Wahl des amerikanischen Präsidenten im November anhalten.“

Die Schmucknachfrage dürfte seiner Ansicht nach angesichts des weiter gestiegenen Goldpreises bestenfalls stagnieren. Was den Technologiesektor angeht, werden sich sicherlich wieder neue Anwendungen für Gold mit seinen einzigartigen physikalischen Eigenschaften eröffnen. Insgesamt sei das Segment aber derzeit noch unbedeutend. Robert Hartmann merkt an, dass es kurzfristig immer wieder Korrekturen des Goldpreises geben kann. Derzeit schätzt er die aktuelle Marktlage folgendermaßen ein und sagt: „Mittel- bis langfristig bleibe ich definitiv optimistisch. Verglichen mit anderen Anlageklassen erscheint mir das gelbe Edelmetall trotz der jüngsten Rekordstände in Euro noch nicht überbewertet zu sein — eine Blase sehe ich daher keineswegs.“

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

Im Februar beteiligten sich 1.122 Anleger an der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum (Januar: 914). Der stark gestiegene Goldpreis hat die Kauflaune der Anleger zusätzlich angeheizt und zu einem Anstieg der Käuferquote von 42,9 Prozent (Januar) auf 57,2 Prozent geführt. Signifikant bergab ging es indes mit der Quote derer, die gegenwärtig noch abwarten. Hier war gegenüber dem Vormonat ein Minus von 49,7 auf 37,8 Prozent registriert worden. Unter den Verkaufswilligen war ebenfalls ein Rückgang registriert worden. Hier sank der Anteil der Verkäufer — ungeachtet des Markierens rekordhoher Euro-Goldpreise — von 7,4 auf 5,0 Prozent.

Nach wie vor attestiert eine Mehrheit der Umfrageteilnehmer den Edelmetallpreisen eine Unterbewertung. Im Berichtszeitraum war hier allerdings ein Rückgang von 51,7 auf 42,0 Prozent registriert worden. Eine faire Bewertung sehen mittlerweile 35,8 Prozent (Vormonat: 34,4 Prozent) der Befragten. Kräftigen Zuspruch hat im Februar allerdings die Meinung erhalten, dass bei Edelmetallen mittlerweile eine Überbewertung vorliegt. Innerhalb eines Monats war hier nämlich ein markantes Plus von 13,9 auf 22,2 Prozent zu beobachten.

Beim Blick auf die prognostizierten Edelmetallpreise fällt auf, dass nach wie vor eine große Mehrheit von 47,1 Prozent der Anleger (Januar: 43,7 Prozent) für das kommende Quartal eine steigende Tendenz erwartet. Am zweitstärksten war die Meinung vertreten, dass die Notierungen seitwärts tendieren werden. Hier rutschte die Quote auf Monatssicht von 41,4 auf 38,9 Prozent leicht ab. Pessimisten sind weiterhin eindeutig in der Minderheit, was sich in einem leichten Minus von 14,9 auf 14,0 Prozent bemerkbar gemacht hat.

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