Goldreport 07/20: Allzeithoch aus dem Jahr 2011 deutlich übertroffen
Auch im Juli tendierte der Goldpreis bergauf, überwand die Marke von 1.900 Dollar und markierte ein Rekordhoch bei 1.943 Dollar (Stand: 27. Juli 2020). Seit April verzeichnete der Goldpreis beträchtliche monatliche Wertzuwächse zwischen 2,6 und 7,4 Prozent und hat sich seit dem Jahreswechsel um 27 Prozent verteuert.
World Gold Council meldet Rekorde für das Marktsegment ETF
Der Juli war gekennzeichnet durch eine starke Nachfrage in den westlichen Industriestaaten, während in Asien der Goldhandel durch rekordhohe Goldpreise, corona-bedingte Einschränkungen beim Handel von Schmuck und die eingetrübten Konjunkturperspektiven ausgebremst wurde. Trotz freundlicher Aktienmärkte fliehen nordamerikanische und europäische Investoren verstärkt in die traditionellen Krisenwährungen Gold und Silber. Drei Marktsegmente registrieren derzeit eine besonders rege Nachfrage: der Handel von Barren und Münzen, die Terminmärkte und vor allem das Marktsegment Exchange Traded Funds (ETF). Im letztgenannten Bereich engagieren sich sowohl private Anleger als auch Großinvestoren. Der Vorteil dieser börsennotierten Wertpapiere besteht im physischen Hinterlegen der jeweiligen Edelmetalle, wobei einige sogar das Ausliefern von Barren und Münzen versprechen.
Im Juli meldete der World Gold Council (WGC) mit Blick auf die weltweiten ETF-Investments gleich mehrere eindrucksvolle Rekorde. Erstens: Mit 734 Tonnen sind Netto-Zuflüsse registriert worden, die sogar den bisherigen Rekordwert für das Gesamtjahr 2009 in Höhe von 646 Tonnen deutlich übertroffen haben. Zweitens: Mit einer weltweit gelagerten Goldmenge von 3.621 Tonnen wurde ein neues Rekordhoch markiert. Und dieser Trend scheint nicht nachzulassen, schließlich haben sich in den ersten sieben Monaten die Nettozuflüsse sogar auf 804,9 Tonnen und die Goldbestände der ETFs auf über 3.690 Tonnen (Stand: 24. Juli) erhöht.
Robert Hartmann, einer der beiden Gründer von pro aurum, merkt mit Blick auf die Entwicklung am ETF-Markt an, dass diese Investitionen den gewohnten Preisfindungsmechanismus der vergangenen Jahre umgekehrt haben. Er sagt: „Früher wurden die Kurse fast ausnahmslos über die Terminmärkte gemacht und der physische Markt spielte eine eher untergeordnete Rolle. Dies hat zu der These ‚Der Schwanz wedelte mit dem Hund‘ geführt“. Die Dominanz der Terminmärkte kam im März ins Wanken, als die Goldbarrenproduktion der Schweizer Raffinerien wegen der Corona-Pandemie ins Stocken geriet und kurz danach sogar komplett ausgesetzt werden musste. Zugleich verlangten in New York immer mehr Besitzer von Goldkontrakten die physische Auslieferung ihrer Ansprüche. Dadurch waren die Halter von Shortpositionen gezwungen sich einzudecken — egal zu welchem Preis. In der Spitze kletterte das Aufgeld der Feinunze Gold in New York gegenüber London auf 100 Dollar, was sich umgerechnet auf ein Kilogramm auf über 3.200 Dollar summierte.
Silber wechselt in den Outperformance-Modus
Im Juli stahl Silber seinem „großen Bruder Gold“ hinsichtlich der erzielten Performance ganz klar die Show. Während Gold „lediglich“ acht Prozent zulegte, hat sich Silber im selben Zeitraum um 38 Prozent verteuert. Seit dem Jahrestief von Mitte März beläuft sich das Plus sogar auf 100 Prozent (Stand: 27. Juli 2020). Ein Blick auf das Gold/Silber-Ratio macht diese Outperformance besonders gut deutlich. Dieser Indikator zeigt bekanntlich an, wie viele Feinunzen Silber zum Kauf einer Feinunze Gold benötigt werden. In den vergangenen vier Monaten stürzte die Kennzahl von über 125 auf aktuell 80 ab. Für Edelmetallprofi Hartmann kam dies nicht völlig überraschend, schließlich habe pro aurum in den vergangenen drei Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass ein Gold/Silber-Ratio über 80 ein Investment in Silber mittel- bis langfristig interessant erscheinen lässt. Er sagt: „Ich habe nicht damit gerechnet, dass dieses Ratio — wie im März geschehen — auf über 125 ansteigen kann. Da der langfristige Durchschnitt der vergangenen 15 Jahre unter 60 liegt, gehe ich nach wie vor davon aus, dass sich Silber in den kommenden Jahren besser entwickeln wird als Gold.“
Notenbanken und Regierungen sorgen für Flucht in Edelmetalle
Um die Folgen der Corona-Krise in den Griff zu bekommen, werfen Notenbanken und Regierungen mit Geld nur so um sich. Auf dem EU-Sondergipfel im Juli wurde ein Rettungspaket von 750 Milliarden Euro beschlossen und in den USA wird derzeit über ein weiteres Billionen-Dollar-Paket heiß diskutiert. Die Demokraten fordern drei Billionen Dollar und die Republikaner „lediglich“ eine Billion Dollar. Zusammen mit den milliardenschweren Anleihekäufe von Fed und EZB sollten sich Anleger angesichts der Geldmengen- und Schuldenexplosion verstärkt um den langfristigen Werterhalt von ungedeckten Papierwährungen Gedanken bzw. Sorgen machen.
Robert Hartman betrachtet diese Entwicklung als gefährlich und sagt: „Noch nie in der Geschichte hat die Menschheit ein ähnlich hohes Wachstum der Geldmenge gesehen wie in den vergangenen Monaten. Das ist per Definition Inflation.“ Zugleich merkt er an, dass viele Analysten und Volkswirte derzeit eher von deflationären Tendenzen sprechen. Er sei sich aber sicher, dass diese Diskussion schon in ein paar Monaten ins genaue Gegenteil — sprich Inflation — umschwenken werde. Für ihn steht daher folgendes fest — er sagt: „Die Investoren weltweit nehmen die Inflationsängste vorweg und kaufen sich bei jeder Preisschwäche in Sachwerte im Allgemeinen und Edelmetalle im Speziellen ein.“
Recht ordentliche Edelmetallumsätze im Juli
Robert Hartmann merkt an, dass der Juli recht ordentlich verlaufen ist, wenngleich deutlich unter dem Niveau der Monate März und April. Die Aufgelder haben sich im Juli weiter ermäßigt, bewegen sich bei Münzen historisch betrachtet aber nach wie vor auf hohem Niveau. Edelmetallprofi Hartmann weist darauf hin, dass sich die Produktion noch nicht normalisiert hat. Außerdem werde die Rand Refinery, welche die weltweit besonders gefragten Krügerrand-Münzen herstellt, Ende Juli wegen der Corona-Pandemie erneut für zwei Monate geschlossen. Laut Hartmann konzentrieren sich fast alle Münzproduzenten auf die Herstellung der Ein-Unzen-Exemplare, so dass kleinere Gewichtseinheiten des Jahrgangs 2020 kaum erhältlich sind. Er sagt: „Auch bei den Silbermünzen bekommen wir aktuell nicht die Mengen, die wir im Markt platzieren könnten.“ Dies träfe aber auch auf Platinbarren zu. Edelmetallprofi kennt den Grund hierfür und sagt: „Größere Kauforders können die Hersteller dieses Jahr nicht mehr ausliefern. Nach Rückfrage heißt es dort, dass man sich auf die Herstellung von Goldbarren konzentriere.“
Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum
An der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum haben sich im Juli 1.119 Personen beteiligt (Vormonat: 840 Teilnehmer). Nennenswert verändert hat sich unter anderem der Anteil der Kaufwilligen, wo gegenüber dem Vormonat ein Rückgang von 51,5 auf 47,7 Prozent registriert worden war. Bei der abwartenden Kundschaft stellte sich hingegen ein markantes Plus von 37,1 Prozent auf 40,5 Prozent ein. Trotz deutlich gestiegener Edelmetallpreise war bei der Verkaufsbereitschaft eher Stagnation angesagt. So war hier im Berichtszeitraum lediglich ein marginaler Anstieg von 11,4 auf 11,8 Prozent zu beobachten.
Mit Blick auf die Bewertung der aktuellen Edelmetallpreise blieb alles beim Alten. Am stärksten verbreitet ist weiterhin die Ansicht, dass Edelmetalle derzeit als unterbewertet anzusehen sind. Gegenüber dem Vormonat kletterte die Quote von 41,4 auf aktuell 46,5 Prozent. An zweiter Stelle etablierte sich die Einschätzung, dass Edelmetalle derzeit fair bewertet seien. Hier ist im Juli ein leichter Rückgang von 35,4 auf 33,3 Prozent registriert worden. Am geringsten verbreitet ist weiterhin die Meinung, dass die Edelmetallpreise derzeit überbewertet sind. Im Juli vertraten 20,3 Prozent der Umfrageteilnehmer die Edelmetallpreise diese Einschätzung (Juni: 23,2 Prozent).
Bei der Frage nach der Preisentwicklung der Edelmetalle im kommenden Quartal gab es trotz der markanten Edelmetallrally einen wachsenden Optimismus zu vermelden. Weit mehr als die Hälfte der Befragten erwartet nunmehr steigende Edelmetallpreise. Diese Quote machte einen ordentlichen Satz nach oben und legte von 47,9 auf 55,6 Prozent zu. Nachdem im Vormonat noch 38,8 Prozent einen Seitwärtstrend prognostiziert hatten, rutschte dieser Wert auf 31,4 Prozent ab. Unter den Pessimisten hat sich hingegen wenig getan, schließlich war hier Im Juli lediglich ein marginaler Rückgang von 13,3 auf 13,0 Prozent registriert worden.
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