Goldreport 11/20: Goldpreis auf (temporärer) Talfahrt
In der zweiten Novemberhälfte geriet der Goldpreis massiv unter Druck, nachdem innerhalb kurzer Zeit drei Firmen Hoffnung auf eine baldige Zulassung ihrer Impfstoffe gemacht haben. Dies führte zu einer nachlassenden Risikoaversion und drückte den Goldpreis in Richtung 1.800 Dollar.
Hoffnung auf mehrere Impfstoffe gegen Covid-19
Die Chancen stehen recht gut, noch in diesem Jahr mit umfangreichen Massenimpfungen zu beginnen. Zusammen mit dem US-Pharmaunternehmen Pfizer hat die Mainzer Biotech-Firma Biontech einen Impfstoff mit einer Wirksamkeit von 95 Prozent entwickelt und für den Monat Dezember bereits erste Impfungen in Aussicht gestellt. Weitere Impfstoffe haben die US-Firma Moderna und die britische Astrazeneca in der Pipeline. Damit könnte die Immunisierung der Weltbevölkerung deutlich früher als erwartet starten.
Die Tatsache, dass man — nach Abstand, Hygiene und Alltagsmasken — demnächst über wirksamere Waffen gegen die Pandemie verfügen könnte, mag die Konjunkturperspektiven für das kommende Jahr deutlich aufgehellt haben, die nachhaltige Schuldentragfähigkeit vieler Staaten, Unternehmen und Privatpersonen bleibt auf lange Sicht aber weiterhin ziemlich angeschlagen. Der Ruf nach weiteren Konjunkturhilfen ist omnipräsent, diesseits wie jenseits des Atlantiks. Angesichts der enorm hohen US-Arbeitslosigkeit wird sich daran höchstwahrscheinlich wenig ändern. Auch im November ist es bislang nicht gelungen, die wöchentlichen Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe unter 700.000 zu drücken. Damit liegt man immer noch deutlich über den Höchstständen während der Finanzkrise 2008/2009. Bereits vor der US-Präsidentschaftswahl konnten sich Demokraten und Republikaner nicht auf ein dringend benötigtes Hilfspaket einigen. Wahlsieger Joe Biden hat zwar vor der Wahl Billionen von Dollars in Aussicht gestellt, die republikanische Senatsmehrheit spricht derzeit jedoch gegen eine baldige Einigung und Auszahlung neuer Hilfsgelder.
Robert Hartmann, einer der beiden Gründer von pro aurum, sieht die Corona-Pandemie und deren Ausgang nicht als das entscheidende Kriterium für den mittel- bis langfristigen Verlauf des Goldpreises. Viel wichtiger sei der negative Realzins — sprich der nominale Zins minus die Inflationsrate. Er sagt: „Ist der reale Zins negativ, spielt das den Edelmetallen wie Gold und Silber in die Karten. Gold kostet keinen Zins — im Gegensatz zum Halten von größeren Geldsummen auf dem Bankkonto.“ Zudem erinnert Robert Hartmann daran, dass die Notenbanken und Staaten auf schwächere Wirtschaftsdaten und eine Rezession so reagieren, wie sie es schon in den vergangenen 20 Jahren gemacht haben. Er zieht deshalb folgendes Fazit und sagt: „Die zahlreichen Anleihe-Kaufprogramme führen vor allem zu einer weiter rasant steigenden Staatsverschuldung. Das kann langfristig nicht gut gehen!“
World Gold Council zum Boom bei Gold-ETFs
Der World Gold Council (WGC) hat Mitte des Monats in einem aktuellen Marktbericht Gold-ETFs als „populären Zugang zum Goldmarkt“ gelobt, von dem private wie institutionelle Investoren reichlich Gebrauch gemacht haben. Seit dem ersten Finanzprodukt dieser Art — dem 2003 von der Vermögensverwaltung Blackrock lancierten SPDR Gold Shares — kletterten die weltweiten Goldbestände dieser Produktgattung von null auf 3.880 Tonnen und einen Marktwert von 235,4 Milliarden Dollar. Derzeit erfasst der WGC die Daten von insgesamt 83 Gold-ETFs, von denen 32 in Europa, 28 in Asien und 16 in Nordamerika beheimatet sind. Besonders gefragt ist physisch hinterlegtes Papiergold vor allem in Nordamerika (2.089,4 Tonnen) und Europa (1.604,1 Tonnen), was einem Weltmarktanteil von über 95 Prozent entspricht.
Diesseits des Atlantiks fiel der Nachfrageboom besonders dynamisch aus. So kletterte zum Beispiel der weltweite Marktanteil europäischer ETFs innerhalb von 15 Jahren von 16 auf 41 Prozent, was vor allem auf die Skepsis gegenüber dem Euro zurückzuführen sein dürfte. Laut World Gold Council habe dieser Boom zu niedrigeren Geld/Brief-Spannen bei Goldmünzen geführt. Diese These kann Robert Hartmann allerdings nicht bestätigen, schließlich bewegen sich die Aufgelder der liquidesten Gold- und Silbermünzen nach wie vor deutlich über ihrem historischen Mittel. Er erklärt: „Die historisch hohen Aufgelder sind einzig und allein auf die sehr hohe Nachfrage nach physischen Münzen und Barren zurückzuführen.“
Dies hat zur Folge, dass einige Produzenten dieser Nachfrage nicht standhalten und so kommt es vereinzelt zu längeren Lieferzeiten. Dies sei gerade bei den sogenannten Fractionals der Fall, also den halben, viertel oder zehntel Unzen. Dasselbe trifft aber auch auf große Silberbarren in den Gewichtseinheiten fünf bzw. 15 Kilogramm zu. Edelmetallexperte Hartmann belegt dies mit Erfahrungen aus erster Hand und sagt: „Wer bei diesen Silberprodukten mehr als eine Tonne kaufen möchte, wird erst Anfang nächsten Jahres beliefert. Noch viel extremer sind die Wartezeiten für größere Orders im Platinbereich.“
Bitcoin & Co. derzeit gefragter als Gold & Co.
Die Impfstoff-Euphorie hat an den weltweiten Finanzmärkten zu einer nachlassenden Risikoaversion geführt und dadurch eine Anlageklasse besonders stark begünstigt: Kryptowährungen — allen voran der Bitcoin. Dieser wird in den Medien häufig sogar als „digitales Gold“ bezeichnet. In einigen Punkten gibt es zwischen dem gelben Edelmetall und der weltweit wichtigsten Digitalwährung zwar durchaus Ähnlichkeiten, mit Blick auf die Kursschwankungsintensität (Volatilität) liegen zwischen beiden aber noch Welten. So weist zum Beispiel der Bitcoin mit über 61 Prozent eine um den Faktor 3,4 höhere historische 250-Tage-Volatilität auf als der altbewährte Krisen-, Vermögens- und Inflationsschutz Gold (18 Prozent) auf. Wer in erster Linie auf Gold vertraut, dürfte daher erheblich ruhiger schlafen.
Edelmetallexperte Hartmann merkt diesbezüglich an, dass die Kaufargumente für ein Goldinvestment auch bei Kryptowährungen gelten: Beide sind nicht beliebig vermehrbar und unterliegen keinem Zahlungsversprechen eines Dritten. Während der aktuellen „Schuldenorgie“ seien das genau die Attribute, die bei Investoren gesucht sind. Als völlig gleichwertig stuft er Bitcoin und Gold aber nicht ein und sagt: „Aufgrund der extremen Volatilität würde ich persönlich maximal zwei bis drei Prozent des liquiden Anlagevermögens in Kryptowährungen umschichten.“
Ausgesprochen reger Handel im November
Der November erwies sich — wie der Oktober — als sehr reger Handelsmonat. Viele Kunden von pro aurum nutzten die aktuelle Kursschwäche dazu, ihre Positionen auszubauen. Zudem erreichten uns auch einige Großbestellungen im mittleren einstelligen Millionenbereich. Wir sehen also verstärkte Investments aus dem Bereich Smart-Money, welches meist langfristig ausgelegt ist. Im Barrenbereich erwiesen sich Exemplare zu 100 Gramm und 1.000 Gramm als Bestseller. Bei den Goldmünzen waren Unzenmünzen von „Krügerrand“ und „Maple Leaf“ die klaren Umsatzspitzenreiter. Bei Silber konzentrierte sich die physische Nachfrage der Deutschen auf die Unzenmünzen „Krügerrand“ und das australische „Känguru“. In unserer Schweizer Dependance werden dagegen traditionell Silberbarren zu 5.000 Gramm und 15 Kilogramm am stärksten geordert.
Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum
An der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum haben sich im November 360 Personen beteiligt (Oktober: 978 Teilnehmer). Die nachlassende Risikoaversion an den Finanzmärkten hat den Anteil der Kaufwilligen von 50,0 auf 45,8 Prozent spürbar reduziert. Unter den Befragten mit abwartender Haltung war hingegen ein leichter Zuwachs von 44,5 auf 47,5 Prozent registriert worden. Zugleich ging es auch mit der Verkaufsbereitschaft der Anleger leicht bergauf, allerdings auf relativ niedrigem Niveau. Deren Quote hat sich nämlich im Berichtszeitraum von 5,5 auf 6,7 Prozent erhöht. Von Verkaufsdruck kann dennoch nicht gesprochen werden.
Hinsichtlich der Bewertung der aktuellen Edelmetallpreise war eines besonders auffällig. Die Ansicht, dass Edelmetallen gegenwärtig fair bewertet sind, hat gegenüber dem Vormonat massiv an Zustimmung eingebüßt und zu einem Rückgang der entsprechenden Quote von 40,5 auf 31,6 Prozent geführt. Deutlich stärker war hingegen die Einschätzung vertreten, dass Edelmetalle mittlerweile unterbewertet seien. Hier kletterte die Quote nämlich von 42,8 auf 48,7 Prozent der Befragten. Verstärkten Zulauf bekam aber auch die Meinung, dass wir bei Edelmetallen aktuell eine Überbewertung sehen. Gegenüber den Daten vom Oktober war hier ein Anstieg von 16,7 auf 19,7 Prozent zu vermelden.
Bei der Frage nach der Preisentwicklung der Edelmetalle im kommenden Quartal wurde die „Fraktion der Optimisten“ zwar schwächer, behauptete allerdings Platz Eins. Steigende Edelmetallpreise erwarten derzeit 43,7 Prozent der Umfrageteilnehmer (Oktober: 50,5 Prozent). Von 35,1 auf 38,0 Prozent hat sich die Quote derer verbessert, die einen Seitwärtstrend prognostizieren. Nach oben ging es auch mit dem Anteil der Pessimisten. Fallende Edelmetallpreise werden derzeit von 18,3 Prozent der Befragten erwartet, nachdem im Monat zuvor ein Wert von lediglich 14,4 Prozent registriert worden war.
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