Goldreport 12/21: Jahresminus im einstelligen Prozentbereich
Nachdem in den Jahren 2019 und 2020 auf Dollarbasis hohe Wertsteigerungen von 18,9 und 24,6 Prozent erzielt wurden, beläuft sich das Jahresminus des Goldpreises aktuell auf über 4,5 Prozent. In Euro gerechnet wird hingegen ein Plus von 2,9 Prozent ausgewiesen.
Inflationsanstieg verpufft ohne Wirkung
Alles in allem können Goldliebhaber das Jahr 2021 getrost als „enttäuschend“ bezeichnen. Wenn man bedenkt, wie viel ungedecktes Fiat-Geld an Nothilfe an die Finanzmärkte geflossen sind und wie stark weltweit die Inflationsraten gestiegen sind, hätte man vom traditionellen Inflationsschutz Gold sicherlich mehr erwarten dürfen. In diesem Jahrtausend war noch nie eine ähnlich starke Geldentwertung innerhalb eines Jahres registriert worden. Die meisten Notenbanken, Volkswirte und Analysten lagen mit ihren Inflationsprognosen für 2021 völlig daneben. In den USA kletterte zum Beispiel die Teuerungsrate seit dem Jahreswechsel von 1,4 auf 6,8 Prozent p.a. (November), während in der Eurozone ein Inflationsanstieg von minus 0,3 auf plus 4,9 Prozent p.a. (November) zu beklagen war. Noch stärker hat der Euro für deutsche Konsumenten an Kaufkraft verloren, wo sich die Teuerung im Jahresverlauf von minus 0,3 auf plus 5,2 Prozent p.a. (November) beschleunigt hat.
Für Robert Hartmann, den Mitgründer von pro aurum, liegt die eigentliche Ursache für den diesjährigen Inflationsschub in der massiven Geldmengenausweitung der Zentralbanken sowie deren Nullzinspolitik. Er sagt: „Corona war lediglich der Auslöser, der die Inflation in die Realwirtschaft gebracht und dort für enorme Preissteigerungen gesorgt hat.“ Für ihn sei lediglich offen gewesen, wann die Inflation anspringen und was am Ende der Auslöser sein wird, schließlich habe sich das Inflationspotenzial seit über zehn Jahren aufgestaut. Er glaubt nicht an einen sonderlich starken Rückgang der Inflation im nächsten Jahr und sagt: „Ich gehe davon aus, dass die Inflationsrate im Dezember 2022 bei 4,1 Prozent p.a. liegen wird.“
Wichtige Notenbanken wagen Richtungswechsel
Mitte Dezember haben gleich drei wichtige Notenbanken über die künftige Richtung ihrer Geldpolitik entschieden. Während die EZB dabei den „taubenhaftesten“ Eindruck hinterlassen hat, gab es bei der US-Notenbank Fed und der Bank of England durchaus überraschende Entwicklungen zu vermelden. So wagte zum Beispiel die englische Notenbank im Dezember sogar eine Leitzinserhöhung um 15 Basispunkte auf 0,25 Prozent. Die Fed-Verantwortlichen kündigten an, ihre Anleihekäufe bereits im März — also früher als erwartet — auslaufen zu lassen. Außerdem gehe man derzeit davon aus, im nächsten Jahr insgesamt drei Zinserhöhungen á 25 Basispunkte durchzuführen. Beim FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group wird mittlerweile eine Wahrscheinlichkeit von über 56 Prozent angezeigt, dass wir bereits im März höhere Zinsen als heute sehen werden, nachdem vor einem Monat hier lediglich ein Wert von 19 Prozent angezeigt worden war. Mit Blick auf die für Anfang Mai anberaumte Fed-Sitzung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für höhere Leitzinsen auf 71 Prozent.
Der Argumentation, dass die Attraktivität eines Goldinvestments wegen steigender Opportunitätskosten (Zinsverzicht) nachlassen könnte, sollten Anleger aus folgenden Gründen eher nicht folgen. Zum einen ist damit zu rechnen, dass wir sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks weiterhin negative Realzinsen sehen werden. Von solchen Marktphasen profitiert normalerweise der Goldpreis. Zum anderen sollte auf keinen Fall vergessen werden, dass die Staatsschulden weltweit seit vielen Jahren regelrecht explodiert sind. Deutlich höhere Zinsen sind insbesondere für hochverschuldete Länder schlichtweg unbezahlbar. Notenbanken werden deshalb alles versuchen, Zinszahlungen und die Refinanzierung der Schuldenberge nicht zu gefährden.
Für Edelmetallexperte Hartmann ist völlig klar, dass sich die Notenbanken durch Ihr Handeln schon seit geraumer Zeit in eine Falle begeben haben, aus der es wohl kein Entrinnen gibt. Er sagt: „Aufgrund der ausgeuferten Staatsverschuldung praktisch aller EU-Mitgliedsstaaten wird es nicht möglich sein, die Zinsen substanziell zu erhöhen. Der Realzins — also der Zins abzüglich der Inflationsrate — wird daher noch lange negativ bleiben.“ Diese in der Finanzwelt als negative Realzinsen bezeichnete Marktlage sei für das Überleben der Schuldner aber immens wichtig. Hartman sieht dahinter folgende Strategie: Die Schulden von heute werden mit dem schlechten Geld (geringere Kaufkraft) von morgen zurückbezahlt, schließlich sei es in der Geschichte schon immer so gewesen. Hartmanns Fazit fällt daher bitter aus und dürfte den Bundesbürgern gar nicht schmecken. Er meint: „Die Rechnung bezahlen müssen Sparer und Menschen, die ohnehin über wenig Mittel verfügen. Sie treffen die hohen Inflationsraten und die damit verbundenen Preissteigerungen am härtesten.“ Die Hauptstrategie der Notenbanken, besteht nach Ansicht des erfahrenen Edelmetallprofis vor allem darin, mit ihren Beschwichtigungen Zeit zu gewinnen. Je länger nichts bei den Zinsen passiert, umso besser für die Schuldner.
Robert Hartmanns Ausblick für 2022
Im Jahr 2021 war beim Handel von Anlagegold in Form von Barren und Münzen, in der Schmuckbranche sowie im Notenbankensektor eine ausgesprochen starke Nachfrage registriert worden. Die „Gretchenfrage“ ganz normaler Privatanleger lautet daher: Gibt es einen nachvollziehbaren Grund, Gold nicht zu kaufen, wenn Institutionen mit einer solch ausgeprägten Geld-Expertise und -Erfahrung darauf besonders stark vertrauen? Eine Antwort erübrigt sich wohl.
Überdurchschnittlich starker Verkaufsdruck gab es in den vergangenen zwölf Monaten hingegen in diesen zwei Marktsegmenten zu beobachten: an den Terminmärkten sowie im ETF-Sektor. Während Letzterer laut World Gold Council im Jahr 2020 rekordhohe Goldzuflüsse in Höhe von 873,8 Tonnen verzeichnet hatte, waren in diesem Jahr bislang Netto-Abflüsse in Höhe von 166,1 Tonnen (Stand: 17. Dezember) zu beklagen. Mitverantwortlich für die schwache Performance des Goldpreises waren 2021 aber auch die spekulativen Marktakteure an den Terminmärkten, die in erster Linie durch eine wachsende Skepsis aufgefallen sind. Laut aktuellem Commitments of Traders-Report der US-Aufsichtsbehörde CFTC (Stand: 21.12.2021) haben zum Beispiel große Terminspekulanten (Non-Commercials) ihre Netto-Long-Position (mehrheitlich optimistisch gestimmt) seit Ende Dezember um 23,5 Prozent von 268.900 auf 205.800 Kontrakte zurückgefahren. Signifikant eingetrübt hat sich aber auch die Stimmung unter den Kleinspekulanten (Non-Reportables). Deren Netto-Long-Position hat sich nämlich bis kurz vor Weihnachten von 38.400 auf 30.200 Futures (-21,4 Prozent) reduziert.
Edelmetallprofi Hartmann blickt trotz der diesjährigen Enttäuschung optimistisch in die Zukunft und sagt: „Rechnet man die negativen Zinsen für Erspartes bei den meisten Banken hinzu, sehen wir aktuell rekordhohe negative Realzinsen. Das ist eigentlich ein ideales fundamentales Umfeld für steigende Goldkurse.“ Seiner Ansicht nach sei die schwache Goldperformance vor allem darauf zurückzuführen, dass das Großkapital die Ansicht der weltweit führenden Notenbanken teilt und davon ausgeht, dass sich die Inflation in den kommenden Monaten deutlich zurückbilden werde. Für Robert Hartmann sei dies aber keineswegs eine ausgemachte Sache. Sollte nämlich die Lohn-Preis-Spirale in Gang kommen, dürfte die Preissteigerung aller Voraussicht nach anhalten.
Hinsichtlich der weiteren Perspektiven des gelben Edelmetalls blickt Robert Hartmann unverändert zuversichtlich drein und sagt: „Sobald die Korrektur beendet ist, sollten im kommenden Jahr neue historische Höchststände zu erreichen sein.“ Wie weit die Reise gen Norden geht, vermag der erfahrene Edelmetallexperte allerdings nicht zu sagen. Dies hinge zum einen von der Entwicklung der realen Zinsen ab und zum anderen von geopolitischen Ereignissen, von denen heute noch niemand etwas weiß. Zu guter Letzt wagt er für 2022 aber noch eine weitere Prognose und konstatiert: „Angesichts des inflationären Umfelds gehe ich davon aus, dass das gelbe Edelmetall im nächsten Jahr stärker steigen wird als die Standardaktien.“
Dezember: Abschluss eines ausgezeichneten Jahres
Robert Hartmann verleiht dem Geschäftsjahr 2021 das Prädikat „Ausgezeichnet“. Die Umsätze dürften preisbereinigt um ungefähr zehn Prozent gestiegen sein. Die Erträge werden aber aufgrund der niedrigeren Margen im Vergleich zum Vorjahr spürbar niedriger ausfallen. Dennoch gibt sich der Edelmetallexperte optimistisch und sagt: „Ich gehe davon aus, dass auch die nächsten zwei bis drei Jahre — historisch betrachtet — überdurchschnittlich gut verlaufen werden.“
Er ist davon überzeugt, dass das fundamentale Umfeld mit negativen Realzinsen die Anleger weiterhin in die Anlageklasse Edelmetalle treiben wird. Irgendwann wird jedoch eine Sättigung eintreten — vermutlich nach einem stärkeren Goldpreisanstieg. Dann werden sich die Umsätze und Erträge wieder ihrem historischen Mittel annähern.
Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum
Im Dezember haben sich an der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum 717 Personen (November: 2.481) beteiligt. Erneut befindet sich mehr als die Hälfte der Befragten derzeit in Kauflaune. Gegenüber dem Vormonat stellte sich ein Zuwachs von 52,7 auf 55,7 Prozent ein. Leicht bergab ging es indes mit dem Anteil abwartender Anleger, wo im Berichtszeitraum ein Minus von 42,7 auf 40,2 Prozent registriert worden war. Unverändert in der Minderheit befinden sich derzeit die Verkäufer. Deren Quote hat sich nämlich gegenüber dem Vormonat von 4,6 auf 4,1 Prozent leicht reduziert
Hinsichtlich der Bewertung der aktuellen Edelmetallpreise gab es im Dezember erhebliche Stimmungsveränderungen zu beobachten. Nachdem im November noch 63,6 Prozent der Befragten eine Unterbewertung gesehen haben, gab es hier einen regelrechten Einbruch auf 50,3 Prozent zu vermelden. Die Ansicht, dass Edelmetalle mittlerweile fair bewertet seien, vertreten gegenwärtig 31,4 Prozent der Umfrageteilnehmer (November: 24,8 Prozent). Signifikant bergauf ging es auch mit dem Anteil derer, die bei Edelmetallen derzeit eine Überbewertung sehen. Hier stellte nämlich ein kräftiger Anstieg von 11,6 auf 18,3 Prozent ein.
Hinsichtlich der weiteren Preisentwicklung der Edelmetalle im kommenden Quartal kann man einen nachlassenden Optimismus feststellen. Im Dezember haben zum Beispiel 43,2 Prozent der Befragten steigende Edelmetallpreisen prognostiziert (November: 47,4 Prozent), während 42,6 Prozent einen Seitwärtstrend für wahrscheinlich halten (Vormonat: 40,6 Prozent). Leicht bergauf ging es mit der Quote der Pessimisten, wo ein Zuwachs von 12,0 Prozent auf 14,2 Prozent zu Buche schlug.
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