Oliver Holy: Der eigene Geschmack ist von entscheidender Bedeutung
Oliver Holy stammt aus einer erfolgreichen Unternehmerfamilie, wollte ursprünglich Designer werden und entschied sich dann aber für die Produktion und den Vertrieb von Designmöbeln. Als Alleininhaber der Firma ClassiCon gelingt ihm dies mit großem Erfolg. Verkauft werden die Möbel mittlerweile in 80 Ländern.
Worin unterscheidet sich das von Ihnen geführte Unternehmen ClassiCon von anderen Designmöbel-Herstellern? Verfügen Sie möglicherweise über ein Alleinstellungsmerkmal?
Oliver Holy: ClassiCon wurde 1990 gegründet und setzte von Anfang an auf das Spannungsverhältnis zwischen Klassikern und Moderne. 1999 trat ich dann — mit meinem Jurastudium gewissermaßen als Quereinsteiger — ins Unternehmen ein. Dabei hat mir jedoch meine Leidenschaft für Kunst, Architektur, Design und Mode sehr geholfen, in das Geschäft hineinzufinden. Außerdem wollte ich schon immer eher Unternehmer sein als Dienstleister. Eine gewisse Besonderheit sehe ich bei ClassiCon vor allem in der Tatsache, dass nicht allein das Potenzial eines Designers oder Produkts als alleiniges Entscheidungskriterium bzw. Argument herangezogen wird, sondern folgende Aspekte wichtig sind: Ich mag es, es gefällt mir und es passt ins Konzept.
Wie gehen Sie bei der Auswahl von Möbel-Designern konkret vor, schließlich sind Sie stets auf der Suche nach zeitlosen Möbel-Klassikern? Wird die Entscheidung eher auf rationaler oder auf emotionaler Ebene getroffen?
Bei mir werden Entscheidungen wahrscheinlich zu 100 Prozent vom Bauchgefühl getroffen. Manchmal ist mir bereits vorher klar, dass sich ein Produkt nicht zum Topseller entwickeln wird, es aber perfekt zur Kollektion von ClassiCon passt.
In Zeiten von Corona haben viele Bundesbürger viel Zeit in ihren Wohnungen und Häusern verbracht. Hat sich dies positiv auf Ihr Geschäft ausgewirkt?
Auf jeden Fall. Wir haben in diesem Zusammenhang vor allem bei Klassikern einen regelrechten Nachfrageboom registriert. Bei uns haben sich deren Umsätze fast verdoppelt. Produkte von Eileen Gray zum Beispiel vergleiche ich gerne mit einem „Dampfer“, der in der Regel immer läuft und sich in Krisenzeiten aber durch besonders starke Wachstumsraten auszeichnet. Der Wunsch unserer Kunden nach einem bestimmten Möbelstück war zwar seit Jahren existent, während des Corona-Lockdowns hatte man nun aber genügend Zeit und Muße, sich darum zu kümmern.
In zahlreichen Branchen war in den vergangenen Monaten von massiven Lieferkettenproblemen und steigenden Rohstoffpreisen die Rede. Welchen Herausforderungen oder Schwierigkeiten ist Ihr Unternehmen derzeit besonders stark ausgesetzt?
Das ist aktuell eine extrem schwierige Situation. Vor allem unsere Hersteller geraten in die Bredouille, weil sie wegen steigender Rohstoffpreise ihre Preiszusagen nicht mehr einhalten können. Metalle, Holz, Schäume — im Grunde genommen wird alles teurer und führt zu Lieferverzögerungen. Weil wir vorwiegend mit Firmen aus Deutschland bzw. aus der Region zusammenarbeiten, sind wir davon jedoch weniger stark betroffen als global agierende Konzerne. Einige unserer Hersteller haben in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal ihre Preise erhöht, was wiederum unsere Marge reduziert. Bislang haben wir unsere Preise — erstmals nach zwei Jahren — nach oben angepasst und hoffen, dass keine weitere Erhöhung notwendig wird. Trösten können wir uns lediglich mit dem Umstand, dass viele andere Branchen ebenfalls ihre Preise anheben müssen und die Konsumenten sich somit der allgemeinen Teuerung bewusst sind.
Worin sehen Sie die Hauptvorteile eines inhabergeführten Familienunternehmens?
Aufgrund der überschaubaren Mitarbeiterzahl und der dadurch bedingten flachen Hierarchie können Entscheidungen sehr schnell getroffen werden. Das heißt: Die Entscheidungswege und -prozesse sind extrem kurz. Außerdem vertraue ich sehr stark meiner Geschäftsführerin Frau Sarjeant. Als inhabergeführtes Unternehmen legen wir zudem viel Wert auf den persönlichen Kontakt zu unseren Vertriebspartnern und Handwerksbetrieben. In Krisenzeiten stellt zudem die Unabhängigkeit einen wichtigen Vorteil dar. Diese half uns zum Beispiel, während der Lockdowns Kurzarbeit zu vermeiden und die Homeoffice-Regeln relativ flexibel zu handhaben. Und allen Widrigkeiten zum Trotz kann ich folgendes uneingeschränkt positive Fazit ziehen: Das Geschäft läuft wunderbar rund. Menschliche Werte wie Familie werden bei uns besonders großgeschrieben.
Apropos Werte, bevorzugen Sie bei der Geldanlage eher Sachwerte und, falls ja, welche?
Auch bei der Geldanlage — insbesondere bei meinen Investments in Kunst — entscheide ich ziemlich viel aus dem Bauch heraus. Ich selbst würde mich eher als „Kunsthänger“ bezeichnen. Meine Kunst kommt nicht in den Keller, sondern wird aufgehängt. Wirtschaftliche Gründe spielen beim Kauf eher eine untergeordnete Rolle. Ansonsten sind für mich bei der Geldanlage aber auch Immobilien ein ganz großes Thema.
Meines Wissens verbringen Sie viel Zeit in München und am Tegernsee. Wie stark haben sich diese unterschiedlichen regionalen Einflüsse auf Ihr ganz persönliches Wohnambiente ausgewirkt? Haben Sie bei dessen Gestaltung auf einen Lieblings-Designer oder einen Mix verschiedener Designer zugegriffen?
Ich persönlich würde die Entscheidung über die Innenarchitektur der eigenen Wohnung ungern an jemand anderen abgeben. Wenn ich nach Hause komme, möchte ich das sehen, was mir gefällt. Und wenn ein Tisch — sei es wegen seines Materials oder seiner Form — mit seinem Standort möglicherweise aneckt, ist das für mich nicht entscheidend. Ich werde häufig von Freunden darauf hingewiesen, dass man eine bestimmte Farbe eigentlich nicht mit bestimmten Materialien kombiniert. Meine lapidare Antwort lautet dann meist: Es gefällt mir halt. Und in der Praxis bestätigen die Zweifler meistens, dass es letztendlich doch gut zusammenpasst.
Zu guter Letzt noch eine ganz persönliche Frage: Von welchem Ihrer Möbelstücke würden Sie sich auf keinen Fall trennen wollen?
Da fallen mir gleich zwei Exemplare ein. Erstens: Der Eames Lounge Chair war der Lieblingsplatz meines Opas, wo er es sich — seit ich denken kann — zum Fernsehschauen bequem gemacht hat. Für mich ist dieser Sessel das Paradebeispiel für einen wunderschönen Klassiker. Zweitens: Von meinem Esstisch von Konstantin Grcic — dem Pallas Table — würde ich mich ebenfalls äußerst ungern trennen. Auch mit ihm verbinde ich unzählige Erinnerungen an schöne Abende und interessante Tischgespräche. Da dieser Tisch mit 75 Zentimeter relativ schmal ausfällt, können sich sechs bis acht Personen problemlos über ein und dasselbe Thema unterhalten. Bei breiteren Tischen reduziert sich diese Zahl normalerweise relativ schnell auf lediglich drei oder vier. Aufgrund der verbesserten Kommunikation sitzt man an diesem Tisch meiner Meinung nach häufig länger zusammen als an großen Esstischen.
Immer aktuell informiert: Folgen Sie pro aurum
So verpassen Sie nichts mehr! Informationen und Chartanalysen, Gold- und Silber-News, Marktberichte, sowie unsere Rabattaktionen und Veranstaltungen.
Facebook | Instagram | LinkedIn | Twitter
Der pro aurum-Shop
Die ganze Welt der Edelmetalle finden Sie in unserem Shop: proaurum.ch