Rasante Berg- und Talfahrt im November

pro aurum Kilchberg ZH
5 min readNov 26, 2021
Bildquelle: ©iStockphoto.com / Olivier Le Moal

Der Goldpreis vollzog im November eine rasante Berg- und Talfahrt, bei der in Spitze Kursausschläge von ungefähr 100 Dollar in beide Richtungen registriert wurden. Auf lange Sicht steht beim Krisen-, Vermögens- und Inflationsschutz die Börsenampel aber weiterhin auf „Grün“.

Massive Fluchtbewegung in Gold Futures

Während deutsche und US-amerikanische Standardwerte im November sogar neue Rekordhochs markiert haben, gelang dem gelben Edelmetall zeitweise ein markanter Ausbruch nach oben. Dadurch hellten sich die charttechnischen Perspektiven deutlich auf, weil mit dem Überwinden der langfristigen 200-Tage-Linie und deren Drehen nach oben auf einen Schlag gleich zwei Kaufsignale generiert wurden. Nachdem US-Präsident Joe Biden den derzeitigen Fed-Chef Jerome Powell für eine zweite Amtszeit vorgeschlagen hatte, kam dann aber massiver Verkaufsdruck auf.

Der globale ETF-Sektor war in den vergangenen Wochen durch ein Abebben der Abflüsse gekennzeichnet, während an den US-Terminmärkten eine regelrechte Massenflucht in Gold Futures zu beobachten war. So hat sich zum Beispiel laut aktuellem „Commitments of Traders“-Report der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission das allgemeine Interesse an Gold Futures — ablesbar an der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) — vom 2. bis 23. November von 507.600 auf 612.600 Kontrakte um mehr als 20 Prozent erhöht. Um einiges stärker wiegt allerdings der Umstand, dass die kumulierte Netto-Long-Position (mehrheitlich optimistisch gestimmt) großer und kleiner Terminspekulanten innerhalb dieses Zeitraums von 239.900 auf 287.500 Futures (+19,8 Prozent) angestiegen ist. Diese Gruppe von Marktakteuren wettet aktuell im großen Stil auf einen steigenden Goldpreis.

Robert Hartmann, Mitgründer von pro aurum, merkt diesbezüglich an, dass die Käufer von Gold Futures vor allem kurzfristig orientiert sind. Hinter deren Transaktionen stecken meist Algorithmen trendfolgender Handelssysteme. Unter den ETF-Investoren sei der Anteil mittel- bis langfristig agierender Marktteilnehmer hingegen relativ hoch. Edelmetallprofi Hartmann weist darauf hin, dass sich in diesem Jahr viele von Gold-ETFs verabschiedet haben, um ihr Geld an den Aktienbörsen anzulegen. Er sagt: „Bisher hat sich das ausgezahlt. Aufgrund des aktuell vorherrschenden fundamentalen Umfeldes gehe ich jedoch davon aus, dass viele wieder zum Goldmarkt zurückkehren und ETFs kaufen werden.“

Weltweiter Höhenflug der Inflation

Entgegen der Beschwichtigungsversuche wichtiger Notenbanken wird das Thema Inflation immer mehr zum „Dauerbrenner“. In den vergangenen Monaten war weltweit ein markanter Anstieg der Teuerungsraten zu beobachten. In Deutschland erhöhte sich die Inflationsrate seit Dezember von minus 0,3 auf plus 4,5 Prozent p. a. (Oktober), den höchsten Stand seit 28 Jahren. In den USA war im selben Zeitraum ein Zuwachs von 1,4 auf 6,2 Prozent p. a. registriert worden. Dies stellte den höchsten Wert seit über 30 Jahren dar. Als besonders starker Preistreiber erwies sich mit einem Plus von 30 Prozent vor allem der Energiesektor und hier insbesondere Benzin (+49,6 Prozent). Um den daraus resultierenden Unmut in der Bevölkerung zu begrenzen, hat die US-Regierung sogar das Anzapfen der strategischen Ölreserven angekündigt.

Die Notenbanken gehen weiterhin davon aus, dass die hohen Preise ein temporäres Phänomen sein werden. Irgendwie erinnert das aktuelle Marktgeschehen an die Zeit extrem niedriger Inflationsraten. Damals prognostizierten sowohl die EZB als auch die Fed, dass die Teuerungsraten wieder in Richtung ihres Wunschwerts von zwei Prozent ansteigen werden. Den diesjährigen fulminanten Anstieg dies- und jenseits des Atlantiks führten die Notenbanker vor allem auf die coronabedingten Verwerfungen und die globalen Lieferkettenprobleme zurück. Privatanleger sollten dabei aber auf jeden Fall die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass uns die hohe Inflation länger als uns lieb ist erhalten bleibt. Dies sieht der US-amerikanische Gemischtwaren-Discounter Dollar Tree offensichtlich ähnlich. Das Motto „Alles für einen Dollar“ ist nämlich Geschichte. Mittlerweile müssen sich dessen Kunden an neue Preisschilder in Höhe von 1,25 Dollar gewöhnen.

Edelmetallexperte Hartmann wundert sich nicht, dass das Thema Inflation aktuell in aller Munde ist, und merkt an, dass sich das historisch hohe Geldmengenwachstum der vergangenen Jahre von der Entwicklung der Gütermengen vollständig abgekoppelt hat. Er sagt: „In praktisch allen früheren Phasen hoher Kaufkraftverluste durch Inflation hieß es: Sachwert schlägt Geldwert. Das wird auch diesmal so sein.“ Außerdem geht Hartmann davon aus, dass die Gewerkschaften alles versuchen werden, in ihren Lohnverhandlungen mit den Arbeitgebern zumindest den Kaufkraftverlust auszugleichen. Das werde eine Lohn-Preis-Spirale in Kraft setzen, die sich nicht so leicht und vor allem nicht so schnell stoppen lasse. Außerdem hätten die Notenbanken wegen der historisch hohen Staatsverschuldung praktisch keine wirksamen Mittel, dieser Entwicklung gegenzusteuern. Edelmetallprofi Hartmann geht deshalb davon aus, dass die Realzinsen auf lange Sicht negativ bleiben werden. Außerdem sagt er: „Im Gegensatz zu Zeiten des Gold-Standards sind heute maximal zehn Prozent der weltweiten Geldmengen durch Gold gedeckt. Diese Gemengelage zwingt eigentlich jeden zu einem Engagement in Edelmetalle im Allgemeinen und Gold im Speziellen.“

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Ende der ultraexpansiven US-Geldpolitik eingeläutet

Der starke Anstieg der Inflation hat sich auch auf die künftige US-Geldpolitik ausgewirkt. Anfang November kündigte nämlich die Fed an, ihre monatlichen Anleihekäufe von bislang 120 Milliarden Dollar um 15 Milliarden zu reduzieren (Tapering). Mitte nächsten Jahres soll diese Unterstützung dann komplett auslaufen und den Weg für die erste Zinserhöhung seit Ende 2018 bereiten. Das FedWatch Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group zeigt derzeit eine Wahrscheinlichkeit von über 80 Prozent an, dass wir im Juni höhere Zinsen als heute sehen werden. Für die für den 4. Mai anberaumte Fed-Sitzung fällt diese mit etwas mehr als 53 Prozent deutlich niedriger aus. Damit dürfte die Zinswende vorprogrammiert sein, schließlich schlug US-Präsident Joe Biden den jetzigen Fed-Chef Jerome Powell für eine zweite Amtszeit vor. Spekulationen, dass die deutlich „taubenhaftere“ Demokratin Lael Brainard ihn ablösen könnte, haben sich somit nicht bewahrheitet und dadurch den Goldpreis wieder unter 1.800 Dollar zurückfallen lassen.

Robert Hartmann hält diese Reaktion allerdings für überzogen und sagt: „Es ist eigentlich völlig egal, wer den Chefposten bekleidet. Die Fed und andere führende Notenbanken sind schon längst in die Falle getappt und haben kaum mehr wirksame Waffen, um eine dauerhafte Geldentwertung zu vermeiden.“ Würden Sie nämlich — wie in der Vergangenheit üblich — die Zinsen wegen der jüngsten Inflationsraten deutlich erhöhen, hätte dies zur Folge, dass einige Staaten angesichts ihrer horrenden Verschuldung bald fällige Kreditzinsen nicht mehr zahlen könnten. Edelmetallexperte Hartmann sagt: „Das wäre dann der Super-GAU — vor allem für die Besitzer von Anleihen dieser Staaten. Nicht wenige davon schlummern bekanntlich in den Bilanzen der Notenbanken, was zu einem enormen Vertrauensverlust in das internationale Finanzsystem führen würde.“

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