Volatilität: Politische Börsen haben kurze Beine

pro aurum Kilchberg ZH
3 min readNov 4, 2020

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Bildrechte: © Pexels/Csaba Nagy, Unsplash/ Brian McGowan

Wenn in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch die US-Amerikaner zu den Wahlurnen gerufen werden, werden nicht nur Millionen politisch interessierte Menschen in aller Welt an den Fernsehgeräten oder vor dem Computer sitzen, sondern auch Investoren und Spekulanten. Denn politische Großereignisse wie die US-Präsidentschaftswahl haben üblicherweise größere Auswirkungen auf die Kursbewegungen. Allerdings hat die Vergangenheit auch gezeigt, dass große Gewinne oder Verluste nach einer Wahl meist nur von kurzer Dauer waren. Warum ist das so?

An einem Tag wie der US-Wahl lässt sich besonders deutlich der Unterschied zwischen kurzfristigem Trading und langfristigem Investment beobachten — man denke nur an die letzte Wahl in Amerika vor vier Jahren, als der Goldpreis nach Bekanntwerden des Wahlergebnis zuerst im asiatischen Handel um satte fünf Prozent und nach Öffnung der Märkte in Europa in wenigen Stunden um 30 US-Dollar stieg, um danach stark einzubrechen. Die vermeintliche Logik dahinter: Zuerst waren die Märkte geschockt, doch dann erkannten sie in kürzester Zeit die Vorzüge eines republikanischen Präsidenten und wechselten von der „Short“-Seite auf die „Long“-Position.

Ganz so einfach ist es dann allerdings doch nicht, denn die Finanzmärkte funktionieren längst nicht mehr nach logischen Argumenten und es ist auffällig, dass extreme Marktbewegungen erst nachträglich mit menschlichen Emotionen erklärt werden. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass das Handelsvolumen an den Finanzmärkten deutlich geringer ist, wenn es in Europa Nacht und in den USA Abend wird. Hierzulande nehmen die meisten Online-Broker bis 22:00 Uhr noch Aufträge im außerbörslichen Handel entgegen. Dieser Markt zeichnet sich durch eine geringe Liquidität aus, sodass hier große Marktteilnehmer mit umfangreichen Orders den Kurs einer Anlageklasse leichter in ihre Richtung bewegen können als tagsüber.

Auslöser für größere Kursbewegungen rund um politische Großereignisse sind weniger menschlicher und vielmehr technischer Natur: Viele Marktteilnehmer agieren mit sogenannten Stoppkursen, sie geben den Auftrag zum Kauf oder Verkauf also nicht eigenständig und tagesaktuell, sondern legen im Vorfeld bestimmte Grenzen fest. Diese liegen meist bei psychologisch wichtigen und symbolträchtigen Marken wie beispielsweise dem ursprünglichen Gold-Allzeithoch bei 1920 US-Dollar oder der runden Zahl von 2000 US-Dollar, häufig aber auch bei statistischen Werten wie dem sogenannten Fibonacci-Retracement. Diese als „Fibo-Levels“ bezeichnen potenzielle Widerstand- und Unterstützungszonen werden von vielen Online-Brokern als Vorschläge für mögliche Verkaufs- oder Kaufkurse angeboten.

Unterschreitet der Basiswert, also beispielsweise der Goldpreis, in einem turbulenten Handel eine der vorher festgelegten Stoppkurse, kommt es zu einem automatischen Kauf oder Verkauf. Und weil diese Transaktionen vollautomatisch von Computersystemen ausgeführt und häufig in Echtzeit an kurzfristige Marktgegebenheiten angepasst werden, kann durch diesen Computerhandel eine Kettenreaktion ausgelöst werden. So löst ein Stoppkurs den Nächsten aus und die Kurse rauschen in die Tiefe.

Egal ob es sich um US-Präsidentschaftswahlen, überraschende politische Umstürze oder sonstige Ereignisse handelt — inzwischen hat sich an den Finanzmärkten eine Weisheit etabliert: „Politische Börsen haben kurze Beine“ sagen langfristig orientierte Anleger häufig, wenn eine Anlageklasse kurzfristig unter Druck steht. Denn Anleger mit einem langfristigen Horizont, der durchaus mehrere Jahre oder Jahrzehnte umfassen kann, behalten das große Bild im Blick und ignorieren kurzfristige Bewegungen.

So dürfte es auch in diesem Jahr bei Gold sein: Der Goldpreis kann in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch kurzfristig unter Druck geraten, nicht zuletzt weil Gold in der Vergangenheit gern zum Spielball der Finanzmärkte wurde. Allerdings sollte klar sein, dass sowohl ein neuer US-Präsident Joe Biden als auch eine zweite Amtszeit des derzeitigen Amtsinhabers Donald Trump langfristig nur gut für den Goldpreis sein können. Die USA haben infolge der Corona-Pandemie eine historische Rolle rückwärts zurück ins Nullzins-Zeitalter absolviert. Die Märkte warten auf weitere Billiarden-Hilfspakete — und sowohl Trump als auch Biden werden diese Pakete schnüren. Künftig dürfte verstärkt auch die Inflation wieder im Fokus stehen, welche von den Notenbanken in Richtung der Marke von zwei Prozent bewegt werden soll. Ein klassischer Inflationsschutz Gold ist also wichtiger denn je — auch wenn es in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch etwas turbulenter zugehen könnte.

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